
Die Stillzeit stellt eine frischgebackene Mutter nicht selten vor besondere Herausforderungen und wirft für viele Frauen elementare Fragen auf. Wenn auch die Milchproduktion ganz automatisch durch den Körper einer Frau reguliert wird, kann der Milchspendereflex durch zahlreiche Faktoren beeinflusst werden. So begünstigen ein falsches Stillen sowie ein zu hohes Stresslevel häufig eine zu geringe Milchbildung, sodass ein Zufüttern des Babys erforderlich ist. Wir widmen uns in unserem heutigen Ratgeber den wichtigsten Phasen der Milchbildung und verraten Ihnen, wie sich die Milchproduktion auf natürliche Art und Weise steigern lässt.
Das sind die 3 Phasen der Milchbildung
Der Beginn des Prozesses (Laktogenese 1)
Die erste Phase der Milchbildung stößt den eigentlichen Prozess der Milchproduktion an und wird als Laktogenese 1 bezeichnet. Ab dem vierten bis fünften Schwangerschaftsmonat wird das gelbliche Kolostrum (Vormilch) produziert, das reich an wichtigen Immunstoffen, wie beispielsweise Lactoferrin sowie Lysozym, ist. In der Laktogenese 1 werden einzelne Brustdrüsen zur Milchproduktion angeregt, sodass sich der Brustumfang in der Regel deutlich erhöht. Allerdings steht die Zunahme des Brustumfangs grundsätzlich nicht mit der gesamten Milchmenge in Verbindung, sodass in der Regel auch bei einem nur leicht erhöhten Brustumfang genug Milch zur Verfügung steht. Eine Ausnahme besteht nur bei unterentwickelten Brüsten (hypoplastische Brüste), bei denen nur wenig milchgebendes Drüsengewebe existiert. In diesem Fall ist eine Zufütterung des Babys zwingend erforderlich, damit das Neugeborene nicht an Gewicht verliert. Die Laktogenese 1 wird durch hormonelle Faktoren, sprich endokrin, reguliert, wobei davon ausgegangen wird, dass eine hoher Prolaktinspiegel für die Bildung des Milchdrüsengewebes notwendig ist.
Das ist der Zwischenpart der Milchbildung (Laktogenese 2)
In der nächsten Phase der Milchbildung, der sogenannten Laktogenese 2, wird die Produktion der reifen, weißen Milch angeregt, die zu rund 90 Prozent aus Wasser besteht und reich an lebenswichtigen Nährstoffen ist. So besitzt Muttermilch mehr als 1000 Proteine, zahlreiche Vitamine und Mineralstoffe, mehr als 40 Enzyme sowie über 200 komplexe Zuckermoleküle. Durch diesen Komplex wertvoller Nährstoffe wird das Wachstum des Babys gefördert, das Immunsystem des Kindes gestärkt sowie eine gesunde Entwicklung des Säuglings sichergestellt. Ausgelöst wird die Laktogenese 2 durch die Geburt des Kindes sowie mit dem damit einhergehenden Austritt der Plazenta, sodass die Menge der Milch bereits nach rund 30 bis 40 Stunden nach der Geburt signifikant angestiegen ist. Nach zirka 50 bis 74 Stunden nach der Geburt steigt der Brustumfang demnach noch einmal deutlich an, sodass die Brüste besonders voll und schwer erscheinen. Bis das anfängliche Kolostrum vollständig in reife Muttermilch umwandelt wurde, können insgesamt 7 bis 14 Tage verstreichen, wobei die Milchbildung immer noch endokrin reguliert wird. Sofern die reife Muttermilch in der Phase nicht durch ein gezieltes Stillen aus der Brust austreten kann, nimmt die Milchproduktion wieder ab und die milchgebenden Drüsen werden wieder inaktiv (Involution). Daher ist es zwingend notwendig, dass die Brüste innerhalb der ersten Stunden und Tage nach der Geburt bis zu zwölfmal pro Tag entleert werden.
Durch den mechanischen Reiz der Brustwarze werden der Milchbildungsreflex angestoßen sowie die Freisetzung von Prolaktin angeregt. Bei Prolaktin handelt es sich um ein Hormon, das maßgeblich an der Milchbildung beteiligt ist und daher in ausreichender Konzentration vorhanden sein sollte. Im Falle von langwierigen und komplizierten Verläufen, wie beispielsweise einem Kaiserschnitt, einer Frühgeburt sowie bei fehlenden Möglichkeiten, das Baby gezielt zu stillen, wird die reife Muttermilch häufig nur verzögert sowie in zu geringem Maße produziert. Daher muss bei Bedarf eine Zufütterung des Babys erfolgen, da das Neugeborene andernfalls an Gewicht verlieren und die gesunde Entwicklung des Kindes beeinträchtigt werden kann. Bei der Phase der Laktogenese 2 handelt es sich insgesamt um eine kritische Zeitspanne, in der nicht selten Probleme bei der Milchproduktion auftreten. Doch selbst wenn sich anfängliche Herausforderungen beim Stillmanagement nicht immer vermeiden lassen, so lässt sich die Milchmenge in der Regel auch nachträglich noch effektiv steigern.
Das Ende der Milchbildung (Laktogenese 3)
Die Laktogenese 3 beschreibt die letzte Phase, bei der die Bildung reifer Muttermilch auch fortwährend gesichert werden soll. Die Milchbildung wird in dieser Phase nicht mehr hormonell, sondern autokrin gesteuert und hängt von dem individuellen Bedarf des Babys ab. Demnach wird genau die Milchmenge gebildet, die für das Stillen des Kindes notwendig ist. Wenn auch der Großteil der Babys innerhalb der ersten 6 Monate rund 700 bis 900 Milliliter täglich aufnimmt, so kann der Tagesbedarf an Muttermilch, je nach Säugling, zwischen 500 und 1300 Milliliter rangieren. Die Milchbildung wird demnach nicht selten nach oben bzw. nach unten hin reguliert, sodass der Bedarf des Babys möglichst exakt gedeckt wird. Sofern der Appetit des Säuglings sehr ausgeprägt ist und die Milchproduktion während der Stillzeit gesteigert werden muss, kann sich der Anteil des Milch Bildenden Brustdrüsengewebes noch erhöhen, sodass dem Kind noch mehr Milch zur Verfügung steht. Andernfalls sollte das Baby entsprechend zugefüttert werden.
So erkennen Sie eine geringe Milchbildung
Wenn auch eine zu geringe Milchproduktion bei der Mutter nur selten auftritt, so können verschiedene Faktoren dazu führen, dass dem Kind zu wenig Milch zur Verfügung steht. Zunächst sollte sichergestellt werden, dass das Baby beim Stillen richtig angelegt wurde und uneingeschränkt trinken kann. Zu den typischen Anzeichen, die für eine zu geringe Milchbildung sprechen, zählen mitunter ein Gewichtsverlust des Kindes nach der Geburt, Lethargie, ein verminderter Urinfluss, Verzögerungen beim Stuhlgang sowie Gelbsucht. Zwar ist bei den meisten Säuglingen ein verminderter Gewichtsverlust innerhalb der ersten paar Tage nach der Geburt nicht ungewöhnlich – sollte das Baby jedoch mehr als 10 Prozent seines Geburtsgewichts einbüßen sowie nach etwa 5 Tagen nicht wieder zunehmen, so sollten Sie dringend einen Arzt konsultieren. Eine zu geringe Milchbildung lässt sich zudem an zu trockenen sowie zu wenig gefüllten Windeln erkennen. Eine Dunkelfärbung des Urins, Mundtrockenheit, Durchfall und Fieber können wiederum Zeichen einer Dehydrierung des Babys sein, die durch die zu geringe Milchbildung begünstigt wird. Sofern das Baby nur für einen kurzen Moment an der Brust saugt, sowie beim Stillen sehr müde erscheint, kann dies ebenfalls auf eine zu geringe Milchmenge hindeuten.
Damit können sie ihre Milchbildung prüfen
Sofern Sie Ihre Milchbildung überprüfen möchten, sollten Sie sich direkt an die Hebamme bzw. Stillberaterin Ihres Vertrauens wenden. Das Fachpersonal kann Sie gezielt dazu anleiten, Ihre produzierte Milchmenge zu ermitteln. Für diesen Vorgang wird das Baby für eine Zeitspanne von 24 Stunden jeweils einmal vor und einmal nach dem Stillen gewogen. Pro Tag wird im Durchschnitt eine Milchmenge von rund 750 bis 800 Millilitern gebildet.
Häufiger Stillen als Bildungssteigerung
Um die Milchbildung effektiv zu steigern, empfehlen wir Ihnen, Ihr Baby möglichst häufig zu stillen. Durch das vermehrte Stillen lässt sich der Spiegel von Prolaktin erhöhen sowie die Produktion neuer Milch anregen. Achten Sie an dieser Stelle darauf, das Baby alle ein bis zwei Stunden an die Brust zu legen, wobei eine vier- bis fünfstündige Pause bei Nacht durchaus angemessen ist. Sofern Ihr Säugling bei nächtlichem Appetit nicht von selbst auf sich aufmerksam macht, dürfen Sie es zu gegebener Zeit natürlich auch selbst wecken. Bedenken Sie, dass der Bedarf an Milch, je nach Kind, variiert, sodass manche Babys auch mehrmals pro Stunde gestillt werden müssen. Legen Sie Ihren Säugling beim Stillen nach Möglichkeit abwechselnd an beide Brüste an, sodass die Brust bestmöglich geleert und die Bildung neuer Milch gefördert wird. Bei Bedarf kann für die Entleerung der Brüste zusätzlich eine passende Pumpe oder auch die Hand genutzt werden. Durch den direkten Hautkontakt zwischen Mutter und Kind wird die Freisetzung des Hormons Oxytocin angeregt, das den Transport der Milch sicherstellt. Grundsätzlich wird die Milchbildung durch kürzere Stillzeiten sowie ein Stillen an beiden Brüsten eher gefördert als durch ein längeres Stillen an nur einer Brust.

Durch Stilltee die Milchbildung anregen
Sofern Sie Ihre Milchbildung auf natürliche Art und Weise anregen möchten, können Sie auf entsprechende Stilltees zurückgreifen. So können beispielsweise Brennnessel sowie auch Bockshornkleesamen den Milcheinschuss fördern und werden daher von Stillenden besonders gerne in Form von Tees genutzt. Wenn Sie nicht zu fertigen Stilltees greifen möchten, können Sie auch die bloßen Kräuter für die Zubereitung des Tees verwenden. Zu den sonstigen Gewürzen und Kräutern, denen milchgebende Eigenschaften nachgesagt werden, zählen:
- Fenchel
- Anis
- Geißraute
- Kümmel
- Eisenkraut
- Koriander
Für eine optimale Wirkung sollten Sie täglich zwei bis drei Tassen des fertigen Tees trinken. Von einer zu hohen Dosierung wird jedoch abgeraten, da andernfalls Blähungen sowie allergische Reaktionen auftreten können. Wir empfehlen Ihnen, zunächst mit einer Tasse Tee pro Tag zu starten und die Menge bei guter Verträglichkeit schließlich auf zwei bis drei Tassen zu erhöhen.
Mit Wärme die Bildung fördern
Wenn Sie die Milchproduktion vor dem Stillen zusätzlich fördern möchten, dann sollten Sie ein paar warme Kompressen oder ein warmes Handtuch auf die Brust auflegen. Durch die Wärme wird der Milchfluss verbessert, sodass sich die Brust beim Stillen vollständig entleeren kann.
Brustmassagen um die Milchbildung zu fördern
Eine wohltuende Brustmassage vor dem Stillen kann den Milchspendereflex positiv beeinflussen und die Milchproduktion zusätzlich anregen. Hierfür eignet sich eine Massage unter einer warmen Dusche sowie die sanfte Stimulation der Brustwarzen mit den Fingern. Durch eine entspannende Rückenmassage können Sie zudem gezielt Stress abbauen und die Milchbildung ebenfalls begünstigen.
Durch diese Lebensmittel wird die Milchbildung angeregt
Einzelne Lebensmittel können die Milchproduktion gezielt unterstützen und sollten daher bei Bedarf etwas häufiger auf dem Teller landen. So gelten beispielsweise Malz sowie auch Grieß als milchbildend, sodass es sich lohnt, häufiger Mal einen leckeren Grießbrei sowie ein schmackhaftes Malzbier zu trinken. Auch Spargel soll sehr gute Dienste als Galaktagogum leisten und wird demnach vor allem während der Stillzeit für die Mutter empfohlen. Kartoffeln, Reis sowie Hühnerbrühe versorgen den Körper zudem mit der notwendigen Energie und kommen frischgebackenen Müttern daher ebenfalls zugute. Zwar wird auch den beiden Getreidesorten Hafer und Gerste eine milchbildende Wirkung nachgesagt – allerdings konnten die positiven Effekte bisher nicht wissenschaftlich belegt werden. Dringend zu beachten ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr während der Stillzeit. So kann die Milchbildung nur dann uneingeschränkt funktionieren, wenn dem Körper genug stilles Wasser zugeführt wird. Alternativ können Sie auch auf Saftschorlen sowie ungesüßte Tees ausweichen.
Milchbildung anregen - Fragen und Antworten
Was essen für Milchbildung?
Für die Milchbildung werden in erster Linie Stilltees mit Fenchel, Anis oder Kümmel empfohlen. Zu den weiteren milchbildenden Lebensmitteln gehören Grieß, Malz, Hafer, Gerste sowie Spargel. Allerdings wurde die genaue Auswirkung letztgenannter Lebensmittel auf die Milchproduktion bisher nicht wissenschaftlich untersucht, sodass derzeit keine Belege zu der Wirkung existieren.
Wie viele Tage Abpumpen zum anregen?
In der Regel vergehen einige Tage, bis die Milchbildung durch das Abpumpen erfolgreich angeregt wurde. Während sich bei manchen Frauen bereits nach rund drei Tagen sichtbare Unterschiede bemerkbar machen, wird die Milchbildung bei anderen Frauen nach einem rund zweiwöchigen Abpumpen verbessert. Wir empfehlen Ihnen, die Pumpzyklen an die eigenen Lebensgewohnheiten anzupassen und sich beim Abpumpen keinesfalls unter Druck zu setzen.
Wie oft Pumpen um Milchmenge zu steigern?
Wenn Sie die Milchproduktion anregen möchten, sollten Sie innerhalb der ersten 10 Tage nach der Geburt mindestens alle ein bis zwei Stunden abpumpen. Hier wird die für gesunde Babys übliche Milchmenge von 500 bis 700 Millilitern pro Tag abgepumpt. Durch diese Häufigkeit wird der normale Stillprozess imitiert, sodass dem Körper durch das Abpumpen ein erhöhter Milchbedarf signalisiert wird. Natürlich dürfen Sie pro Tag auch eine Pause von rund vier bis fünf Stunden ansetzen, sodass Sie beispielsweise nachts auf das Abpumpen verzichten. Nach den ersten 10 Tagen reicht es aus, pro Tag 6- bis 8-mal abzupumpen, sodass eine fortwährende Milchproduktion sichergestellt wird.

Milchbildung anregen - Das Fazit
Das richtige Stillmanagement muss zunächst erlernt werden, sodass Mütter sich in dieser Zeit keinesfalls unter Druck setzen sollten. Mit unseren genannten Methoden und Hilfsmitteln können Sie die Milchbildung auf sanfte Art und Weise anregen und Ihren Nachwuchs mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen. Sollten doch einmal Fragen auftreten, so stehen Ihnen Hebammen sowie anderes Fachpersonal hilfsbereit zur Seite, sodass Sie und Ihr Säugling die Stillzeit vollends genießen können.
